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Via Sacra

Einführung zum Orgelkonzert bei der Wiedereröffnung der Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung in Oberpolitz/Horní Police

Sehr geehrte und liebe Gäste,

das Orgelkonzert, das in ein paar Minuten anfängt, versahen wir mit dem Titel „Magnifikat der Herzöge von Sachsen-Lauenburg“. Es ist kein bloßer vornehmer Titel ohne Inhalt, sondern der Name weist auf die Zusammenstellung des Programms hin, das dem heutigen Interpreten Professor Jaroslav Tůma besonders am Herzen lag.

Für jetzt waren wir nicht so glücklich, dass eine Komposition aus der Zeit, als diese Wallfahrtsanlage erbaut wurde, verfügbar wäre, die auf Bestellung für Oberpolitz geschrieben worden wäre. Das Musikleben war hier in der Barockzeit zweifelsohne lebendig, denn das Pilgerwesen war im Barock ohne Musik unvorstellbar. Pilgerlieder und volkstümliche geistliche Gesänge ertönten hier sicherlich, und ebenfalls Kompositionen, die wir als Figuralmusik bezeichnen, wurden in dieser Kirche bestimmt gespielt und gesungen. Die damalige Orgel war für die Wiedergabe der böhmischen, süddeutschen und österreichischen Orgelmusik geeignet. Vielleicht war die Orgelmusik aus Sachsen auch hier zu hören. Die Idee, dass Bachs Musik in der Oberpolitzer Kirche gespielt und gesungen war, scheint nicht real zu sein, und zwar wegen der begrenzten Möglichkeiten des Orgelwerkes. Aber wer weiß.

Der Lobgesang Magnifikat ertönte hier sicherlich. Wir haben heute mehrmals über ihn nachgedacht. Er steht für das von Lob erfüllte Gebet, das aus dem Herzen Mariens im Augenblick der Begegnung mit Elisabet sprudelte, als sich beide Frauen umarmten, Elisabet erkannte in Maria die Muttergottes, die Mutter ihres Herrn. Die noch nicht geborenen Kinder begegneten sich ebenfalls und zeigten ihre Freude, indem sie im Leib ihrer Mütter hüpften. Gerade die Auserwählung Gottes war der Beweggrund für diesen Lobgesang. Das Magnifikat hat sein Vorbild im Alten Testament, in dem Hanna, Mutter des Propheten Samuels, Gott mit ähnlichen Worten lobt. Es handelt sich um Lob für die Größe Gottes, für Gott, der liebt und treu ist und der die Schicksale der Menschen ändert. Hanna singt im Alten Testament: „Der Bogen der Helden wird zerbrochen, die Wankenden aber gürten sich mit Kraft. Die Satten verdingen sich um Brot und die Hungrigen gibt es nicht mehr. Die Unfruchtbare bekommt sieben Kinder und die Kinderreiche welkt dahin“ (1 Sam 2,4-5). Maria preist Gott mit ähnlichen Worten: „Er vollbringt mit seinem Arm machtvolle Taten: Er zerstreut, die im Herzen voll Hochmut sind; er stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen. Die Hungernden beschenkt er mit seinen Gaben und lässt die Reichen leer ausgehen“ (Lk 1,51-53). Dieser Lobgesang stellt ein Memento für die Hochmütigen, Mächtigen und Reichen dar, dass sie sich bewusst werden, ihr jetziger Wohlstand ist nicht nur ihr Verdienst, das Ergebnis ihres Fleißes und ab und zu auch ihrer Schlauheit, sondern er wurde ihnen als Mittel verliehen, damit sie Gutes tun.

Das Magnifikat ist ein universales Gebet, das die Einstellung eines demütigen Menschen gegenüber Gott äußert und an die Ehrenverpflichtung zum Lob Gottes erinnert. Daher gehört es seit jeher zum täglichen abendlichen Gebet der Kirche – zur Vesper, bei der der Mensch auf den sich neigenden Tag zurückblickt und sich bewusst werden soll, mit wie vielen Gaben er während eines einzigen Tages beschenkt wurde. Ich denke, wir, die uns ständig über etwas ärgern und immer mit etwas unzufrieden sind, sollten das Magnifikat nicht nur als Gebet, sondern vor allem als unsere Lebenseinstellung annehmen.

Kein Wunder, dass das Magnifikat im Lateinischen auch die Reformation überlebte und für eine lange Zeit ein Bestandteil der lutherischen Liturgie war, wenn es als gregorianischer Choral oder als freie Komposition gesungen wurde. Selbstverständlich wurde es in die einzelnen Sprachen übersetzt und als Lied gesungen. Dank dieser Tatsache gibt es eine Reihe von in Noten gesetzten Magnifikats, und zwar in Form sowohl von einem Choralpräludium, als auch von einem Alterum, in dem sich der Choralgesang und die nach den einzelnen Versen komponierte Orgelmusik abwechseln. Vom Lobgesang Magnifikat sind unterschiedliche Musikformen inspiriert: Fantasien, Präludien, Fugen und so weiter. Und heute hören wir manche von solchen Kompositionen.

Das andere Kompositionselement des heutigen Konzertes besteht in der Verbindung mit dem Geschlecht, dem Anna Maria Franziska von Toskana entstammte, und zwar mit dem Geschlecht der Herzöge von Sachsen-Lauenburg. Johann Caspar Ferdinand Fischer, „bädischer Bach“ genannt, war nicht der einzige, sondern der bedeutendste Musiker in den Diensten dieses Geschlechtes. Er wurde in Schönfeld/Krásno in der Region von Karlsbad/Karlovy Vary geboren und war auf dem Hof der Herzöge von Sachsen-Lauenburg in Schlackenwerth/Ostrov nad Ohří tätig. Nach dem Ableben von Julius Franz von Sachsen-Lauenburg „erbte“ seine Tochter Sibylla Augusta, Schwester von Anna Maria Franziska, diesen hervorragenden Musikanten. Sie brachte ihn nach Baden mit, nachdem sie Ludwig Wilhelm von Baden-Baden geheiratet hatte und zur Markgräfin von Baden-Baden geworden war. Es ist möglich, dass Fischer einmal auch nach Oberpolitz kam, wenn Sibylla Augusta hier mit ihrer Begleitung ankam. Wir wissen nicht. Jedenfalls handelt es sich um Musik, die mit diesem Ort verbunden ist. Johann Caspar Ferdinand Fischer starb mit neunzig Jahren und hinterließ uns ein paar Sammlungen mit Musikstücken für Tasteninstrumente, also für Cembalo und Orgel. Wir hören drei Präludien aus seiner Sammlung Ariadne musica.

Der Rahmen des Konzertes stellen Kompositionen von zwei Titanen der Barockmusik dar, und zwar von Johann Sebastian Bach und von seinem Vorgänger und Vorbild, Lübecker Organisten Dietrich Buxtehude. Gerade für die Wiedergabe von Buxtehudes Musik ist das restaurierte Oberpolitzer Orgelwerk ideal.

Sehr geehrte Freunde, Oberpolitzer Orgel und Jaroslav Tůma! Ich wünsche Ihnen ein herrliches Konzert, von dem Sie sich bereichert fühlen.

P. Stanislav Přibyl, administrator der Pfarrgemeinde